Geschichte von Luca

Die Geschichte von... Luca

Nun ist es aber an der Zeit, Luca vor zu stellen, mein neues Rudelmitglied. Beinahe 2 Jahre nach Serondas Tod wollte ich doch gern wieder einen Mastin aufnehmen. Weil ich jetzt nur noch Hündinnen habe, am liebsten einen Rüden. Groß sollte er sein und lieber nicht mehr so ganz jung.
Schon bald sah ich Luca im Internet, die aus einer spanischen Tötungsstation kam und nun in einer Pflegefamilie wohnte. Etwas in ihrer Ausstrahlung sprach mich sehr an. Aber sie war erst 3 Jahre alt und sehr schön. Für so einen Hund stehen die Leute bestimmt Schlange, dachte ich mir, das ist nicht fair für die anderen, wenn ich sie aufnehme. Und es war halt eine Hündin. Also suchte ich weiter.

In den darauf folgenden Wochen fand ich einige Mastinrüden, für die ich ernsthaftes Interesse hatte. Bei einem hatte ich sogar schon zugesagt, ihn auf zu nehmen, ein Notfall. Aber als ich einen Termin vereinbaren wollte, um ihn ab zu holen (er war schon in den Niederlanden), bat die Pflegefamilie um eine Woche Bedenkzeit, weil sie ihn vielleicht doch selbst behalten wollten. Nach der Woche… nichts mehr gehört, weder von dem Verein noch von der Pflegefamilie. Meine Mails blieben unbeantwortet. Durch Zufall hörte ich dann von anderer Seite, dass der Hund in der Tat in der Pflegefamilie blieb. Schön für ihn, aber das ist keine Art, mit Interessenten um zu gehen.
Ein anderer alter Rüde konnte doch besser nicht zu anderen Hunden vermittelt werden; ein Pyrenäenhund bellte auf der Pflegestelle ständig, das kann ich mir hier mitten in einer Wohnsiedlung nicht erlauben. Und so war immer irgendwas.

Und so kam es, dass ich doch wieder bei Luca „landete“, die mich all die Zeit nicht los gelassen hatte, und ich fragte bei dem Verein nach. Sie kam gut mit anderen Hunden zurecht, groß und klein, Rüde und Hündin. Stubenrein, ruhig im Haus. Auf den Spaziergängen konnte sie frei laufen und rannte gern und viel. Ihr einziges Problem war die Angst, dadurch war sie schwer zu vermitteln und wohnte nun schon ein halbes Jahr in der Pflegefamilie.

Zwei Wochen später fuhren wir zur Pflegefamilie, um Luca kennen zu lernen. Mein erster Eindruck war: klein (für einen Mastin), mager, sehr schön, liebe, sanftmütige Ausstrahlung und sehr ängstlich. Sie verkrümelte sich sofort in gedrückter Haltung in eine Ecke, als sie uns sah. Die Pflegefamilie hatte angegeben, dass sie vor allem noch Angst vor lauten Geräuschen hat; aber ihr Verhalten zeigte mir, dass da schon mehr war als nur das. Auf die Hunde reagierte sie gut. Wir wiederholten den Katzentest: Luca zeigte Beschwichtigungssignale. Das müsste also klappen mit meinem Kater Krieltje.
Nach einem gemeinsamen Spaziergang, wo sie in der Tat frei laufen konnte und gleich mit Lilly um die Wette rannte, habe ich mich entschlossen, sie auf zu nehmen. Sie suchte immer den Schutz der Pflegemutter, darum hatte ich die (im Nachhinein berechtigte) Hoffnung, dass auch ich auf Dauer ihr Vertrauen gewinnen würde.

Ich habe Luca jetzt gute 3 Monate. Es war eine sehr intensive Zeit, und das ist es noch. Luca scheint nicht sozialisiert zu sein und obendrein schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht zu haben. Also eine schwierige Aufgabe.
Sie ist immer noch zu mager, denn sie ist kein großer Esser und rennt viel.
Die ersten Wochen hat sie einige Male meine anderen Hunde und die Katze angegriffen. Jetzt scheint das gut zu gehen, auch wenn ich merke, dass die Hündinnen den regelnden Einfluss von Flits vermissen. Und mit Futter und Kauknochen muss ich aufpassen.

Anfangs erschreckte Luca sich vor allem im Haus, wurde panisch, wenn ich etwas in der Hand hielt, das größer war als eine Kaffeetasse. Wenn ich sie rief (ihr den Rücken zu gekehrt, meine Hand vorsichtig nach hinten ausgestreckt), kam sie fast an gekrochen, Schwanz gegen den Bauch geklemmt.
Nach einer Woche traute sie sich ab und zu aus ihrem Korb, um etwas durchs Zimmer zu laufen… bis dass ich mich bewegte. Zum Spaziergang musste ich sie an die Leine nehmen, um sie mit raus zu bekommen, und dann warf sie sich jedes Mal auf den Rücken. Das ging wochenlang so. Mit viel, sehr viel Geduld ist es mir gelungen, ein Stück Vertrauen auf zu bauen. Es ist rührend zu sehen, wie sie, sehr bescheiden, mit abgewandtem Kopf ab und zu um Streicheleinheiten bittet. Das haben wir doch erreicht in den 3 Monaten, das ist toll!

Luca macht ganz kleine Fortschritte. Aber das gilt nur für die Menschen, die sie sehr gut kennt. Und sogar ich darf noch nicht mit einem Mantel überm Arm laufen, dann wird sie immer noch panisch. Die ersten 2 Monate konnte ich nur nachts mit ihr auf die Straße. Sie erschrak bei jedem Geräusch draußen, und wenn sie einen Menschen auf der Straße sah, wurde sie regelrecht panisch. Das ist jetzt schon besser geworden. Vom Garten aus flitzt sie jetzt nicht mehr sofort ins Auto, sondern will ab und zu auch mal irgendwo schnüffeln.
Sie zu sozialisieren, ist deshalb schwierig, weil ich sie, außer an den Stellen, wo wir spazieren gehen, nicht aus dem Auto bekomme. Besuch findet sie auch nicht gerade toll; sie kommt den ganzen Tag nicht aus ihrem Korb, außer zu den Spaziergängen. Und dann muss ich auch sorgen, dass der Besuch außer Sichtweite ist, sonst traut sie sich nicht aus dem Korb und dem Haus.
Zum Glück fährt sie sehr gern im Auto mit, und die Spaziergänge mit Luca sind die reine Freude. Sie rennt wie ein Windhund und spielt mit den Kleinen. Sie gehorcht sehr gut, wenn ich sie rufe; und will sie mal abdrehen in den Wald, ist ein kurzes „Nein“ genug, sie daran zu hindern. Hoffentlich bleibt das so…

 

Sie liebt Wasser und springt wie ein Welpe durch jede Pfütze, in jeden Graben. Jetzt mit dem Schnee ist es ganz toll, bis zum Bauch rennt sie drin herum.
Sie genießt die Spaziergänge so sehr, und das ist wichtig. Denn ich will ja, dass Luca, trotz ihrer Angst, ein gutes Hundeleben hat. Da sie sich zu Hause, vor allem in ihrem Korb, sicher fühlt und die Spaziergänge so genießt, ist das zum Glück gewährleistet.
In der Natur fühlt Luca sich sicher, so lange keine Häuser in der Nähe sind. Dann geht gleich der Schwanz zwischen die Beine und ist sie sehr vorsichtig.

Nach 2 Wochen fing Luca an, wachsam zu werden. An sich finde ich das prima, nur bellte sie anfangs bei jedem Geräusch draußen. Das geht jetzt besser. Nur hört sie nicht auf zu bellen, das muss sie noch lernen.
Nachts war Luca nicht stubenrein und machte in den frühen Morgenstunden auch noch Dinge kaputt. Ich musste sie jede Nacht mindestens zwei Mal ausführen (im Garten machte sie nichts), um zu vermeiden, dass sie das Zimmer voll machte. Nach zwei Monaten habe ich mich doch für eine Bench entschieden – das größte Modell, ein Riesending im Zimmer! – und habe mit dem Benchtraining angefangen. Ab und zu bellt sie mich nachts noch raus. Aber oft geht es gut und bleibt sie die ganze Nacht friedlich in der Bench, wo sie übrigens tagsüber auch sehr gern liegt.

Allein sein kann sie noch nicht, dann bellt sie. Auch daran müssen wir noch arbeiten, denn im Sommer kann sie nicht im Auto bleiben.

Training bleibt schwierig, weil Luca noch immer keine Leckerchen aus der Hand nimmt. Nein, auch keinen Käse, nicht mal Pansensticks. Ab und zu frisst sie zögernd ein Leckerchen, das ich ihr in die Schnauze schiebe, aber meist lässt sie es fallen, zur großen Freude von Staubsauger Lilly.
Inzwischen kann ich mit Streicheleinheiten belohnen, denn die liebt sie. Auf die Art habe ich sie schon das Kommando fürs Herkommen gelehrt, denn das ist mir wichtig. Der Rest kommt schon noch… oder auch nicht. Ach, sie braucht meinetwegen kein „Zirkushund“ zu werden.

Einen so ängstlichen Hund habe ich noch nie gehabt, aber man lernt in der Praxis. Aber ich hätte doch vorher nicht erwartet, dass es so schwer werden würde. Nach 2 Monaten war ich völlig übermüdet und ab und zu ziemlich fertig mit den Nerven. Das kann man ruhig auch mal sagen, es ist keine Kleinigkeit, einen so ängstlichen Hund auf zu nehmen. Dennoch bereue ich meinen Entschluss nicht; denn Luca ist ein Schatz. Es ist eine wunderbare Erfahrung zu sehen, wie dieser Hund ganz langsam aufblüht. Wenn sie genießt, genieße ich mit!

Bei großer Angst zeit Luca Panik und flüchtet. Auch die doppelte Sicherung von Halsband und Brustgeschirr hilft dann nicht; sie schafft es, sich da rückwärts heraus zu ziehen. Ich habe jetzt ein ledernes Zughalsband für sie. Das sitzt angenehm lose, sie hat keine Last davon, aber wenn es darauf ankommt, kann ich sie auf die Art doch halten… wenn sie mich nicht aus den Pantinen zieht. Die Neigung hat sie nämlich, wenn sie Angst hat.

Qua Versorgung ist Luca super. Ich darf Gebiss und Ohren kontrollieren, die Pfoten anfassen; und sie lässt sich prima bürsten, auch wenn sie erst mal vor der Bürste zurück schreckt. Und sie ist tatsächlich lieb und sanftmütig und ein herrliches Kuscheltier.

Ich führe ein Tagebuch über die Entwicklungen, was bisher schon 25 Seiten hat.
Die Lernperiode ist noch lange nicht abgeschlossen, aber wir gehen es gemeinsam an.

Februar 2010

Update Ende April 2010

Luca ist jetzt ein halbes Jahr bei mir, und allzu viele Fortschritte machen wir leider nicht. Bei Besuch den Luca gut kennt, ist sie etwas weniger ängstlich. Aber ihr Verhalten bleibt wechselhaft. Oft bellt oder knurrt sie die Menschen an, traut sich nicht aus ihrer Bench und in den Garten. Dann wieder kann der Besuch bis auf einige Meter an Luca heran kommen.
Ich versuche, ihre Wachsamkeit gut zu begleiten. Da ihr Verhalten eine Kombination von Angst und Wachsamkeit ist, ist das nicht so einfach. Sie muss lernen zu akzeptieren, dass ich diejenige bin, die bestimmt, wer ins Haus oder ins Zimmer darf und nicht sie, Angst oder keine Angst. Ein Hund von inzwischen 45 Kilo (ja, sie hat endlich etwas zugenommen!), der den Besuch anknurrt, ist nicht angenehm.

Wenn ich im Garten bin, liegt Luca manchmal woanders im Zimmer, aber sobald ich herein komme, flüchtet sie wieder in ihre Bench. Dennoch merke ich, dass ihr Vertrauen in mich wächst. In Situationen, die ihr unheimlich sind, sucht sie meine Unterstützung.

Auf den Spaziergängen hat sie einige Male Leute angebellt, Denen wir begegneten, aus sicherem Abstand. Manchmal tut sie das und manchmal nicht, ich kann darin noch keine Regelmäßigkeit entdecken. Aber ich versuche, ihr das ab zu gewöhnen. Begegnungen mit anderen Hunden verlaufen gut. Sie ist erst vorsichtig, aber nach einer Weile will sie oft ein bisschen spielen.
Zwei Besuche beim Tierarzt haben wir auch hinter uns, einmal für einen allgemeinen Gesundheitscheck und Impfung (in Spanien hatte man Impfstoff für Tollwut gebraucht, der beim Grenzübergang nur ein Jahr gültig ist), und einmal um Luca’s Daumennägel zu schneiden. Sie hatte furchtbare Angst, ließ aber alles mit sich machen. Nicht geknurrt oder geblafft oder sich sonst wie gewehrt.

Inzwischen hat sie einmal ein Kaninchen verfolgt (und es zum Glück nicht gefangen) und ließ sich nicht zurück rufen. Ansonsten gehorcht sie draußen noch immer prima, sicher für einen Mastin, auch einige Male mit Rehen in Sichtweite.

Als die Gartenmöbel wieder herausgestellt wurden, traute Luca sich tagelang nicht in den Garten. Die erste Wäsche draußen an der Leine hatte zur Folge, dass Luca sich kaum in den Garten traute und schließlich, mit dem Bauch gegen den Boden gedrückt, an der Wäscheleine vorbei schlich.
Sie registriert, wie es für einen Mastin normal ist, jede noch so kleine Veränderung in ihrer Umgebung. Nur reagiert sie darauf mit Angst, was es für uns beide sehr schwer macht. Auf die Straße will sie noch immer nicht, und jedes Mal aufs Neue muss ich die Abwägung machen: muss ich sie ab und zu „gezwungen sozialisieren“? Oder muss ich sie ihr eigenes Tempo angeben lassen, was bedeutet, dass sie vielleicht nie so weit kommt, dass man normal mit ihr über die Straße gehen kann?

Update Mai 2010

In den letzten Tagen erscheint Luca auf einmal freier, läuft öfter durchs Zimmer und flüchtet nicht mehr sofort in ihre Bench, wenn ich ins Zimmer komme. Wenn ich im Garten bin, kommt sie immer öfter mal vorbei schauen, auch wenn sie sich noch nicht zu uns legt.
Ich habe sie zwei Mal mit auf eine Caféterrasse nehmen können – wo wir allerdings die einzigen Gaste waren… - da versuchte sie ein paar Mal, weg zu kommen. Aber als das nicht ging, legte sie sich ruhig hin.
Mit ihrer Wachsamkeit draußen scheint es besser zu gehen. Wir sind schon ein paar Spaziergängern mit und ohne Hund, Radlern und Reitern begegnet, ohne dass Luca sie verbellte. Wohl läuft sie im großen Bogen um sie herum, aber das ist in Ordnung.

 

Text und Bilder hat uns Frau Judy Kleinbongardt zur Verfügung gestellt. Luca, hiess früher  Lucretia

Quelle: http://www.spaansehonden.info

 

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