Blinder Hund - na und?

Vor einigen Jahren haben wir aus der Tierhölle Rodamon als einen der letzten Hunde Ray Charles gerettet. Ein Schutzengel hatte über den blinden Ray Charles seine Hand gehalten. Aus gutem Grund.

Denn Ray hat das, was ich als "Shining" bezeichnen würde - ein inneres Stahlen. Trotz seiner aussichtslosen Lage in der er sich befand, hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben. Ray war mit sich im inneren Gleichgewicht und strahlte nicht nur eine Freundlichkeit aus, sondern auch ein großes Mass an Zuversicht und Optimismus. Vielleicht weil er das Elend um sich herum nicht sah?

Mit blinden Augen strahlte er uns an, so dass erst gar nicht die Frage aufkam, ob er die Rettung wert war. Ray Charles berührte etwas in unserem Herzen. Es war sofort klar, dass er einer der Hunde sein würde, die das Tierheim lebend verlassen würden. Da sich Ray ganz stark am Rüde rechts von ihm orientierte, nahmen wir ihn auch mit. So rettete Ray Rudi das Leben.

Warum rettet man einen blinden Hund? Warum ein Krüppel? Es gibt eine Menge Menschen, die das nicht verstehen.

Zuhause stellten wir bald fest, dass Ray wohl schon lange blind war. Seine Pupillen zogen sich nicht mehr zusammen. Kein Augenarzt der Welt würde ihm helfen können. Nur auf einem Tisch zu stehen und von uns beäugt zu werden, fand Ray gruselig.

Deutschland fand Ray Charles wiederum cool. Das roch gut, endlich wieder Gassigehen. Die Hundekumpel waren nett, auch wenn Rudi jetzt bei anderen Leuten wohnte. An seine Pflegefamilie hatte er sich schnell gewöhnt.

Und dann begann sein Happy End mit Alex.


Das Leben mit Mr. Ray Charles, dem blinden Beagle - Mix

Ray Charles zog vor ca. 6 Jahren bei uns ein.

Damals hat keiner wirklich gewusst, was es heisst mit einem blinden Hund zu leben und das war auch gut so, denn Ray ist zwar blind, aber letztendlich ein normaler Hund und will auch so behandelt werden. Ray lies uns auch nicht wirklich Zeit, so etwas wie Mitleid zu entwickeln, er nervte erstmal meine alte Hündin, zerkaute ein paar Schuhe und war ständig auf der Suche nach etwas Essbarem. Also war erstmal so etwas wie Erziehung angesagt, soweit das bei einem Beagle möglich ist. Ray hat bisher sein Leben gut gemeistert und war immer mit dabei, trotz Dianes Ansage, dass der Hund eine feste Umgebung bräuchte.

Ray zog nach dem Studium mit mir nach London und wohnte mit in einer WG. Er ist in seinem Leben mehrmals umgezogen und hatte niemals Probleme. Er war mit Zelten im Urlaub und ist bis heute ein Spurenjäger geblieben.

Er lernte genauso mit seiner Blindheit umzugehen und seine Nase zu benutzen wie wir auch. Dazu muss man wissen, dass Ray nicht von Geburt an blind war, sondern durch eine in Spanien nicht behandelte Augenkrankheit erblindet ist. Sicherlich ist die Besonderheit an Mr. Charles, dass er ein sehr selbstständiger Hund ist und somit selten Angst vor neuen Situationen hatte. Er entscheidet selber, wann er die Hilfen, die man ihm anbietet, nutzt. Ray lernte Kommandos, die andere Hunde nicht brauchen. Hopp an einem Bordstein oder Hindernis; Vorsicht, wenn etwas im Weg steht oder Stop, wenn er droht irgendwo gegen zu laufen. Er weiss, dass er in fremden Umgebungen langsam laufen muss und nutzt Nase und Pfoten zum tasten.

Sicherlich gibt es Dinge, die mit ihm nicht gehen, z.B. bekommt er Panik, wenn er draussen angebunden wird und steht auf einmal beim Bäcker hinter Einem. Man sollte nicht ständig seine Moebel umstellen und die antiken Vasen lieber auf den Tisch. Aber, wenn ich mir meine beiden Hündinnen anschaue oder Pflegehunde, die ich betreut habe, hat jeder irgendwie seine Macken mitgebracht.

Ray ist heute ca. 14 Jahre alt und somit ein alter Herr, aber ich hatte nie das Gefühl, dass der Hund sich quält. Er lebt jetzt bei meinen Eltern, da sein Geruchsinn langsam nachlässt und er nach unserem letzten Umzug in eine neue Stadt mit der Situation nun doch überfordert war. Dort aber, wo er seinen Garten und sein Haus hat, kommt er auch im Alter sehr gut klar.

Wer überlegt sich einen blinden Hund anzuschaffen, wird bald merken, dass das Leben mit ihm gar nicht so anders ist. Sicher gibt es blinde Hunde, die unflexibler als Ray sind, die wären aber auch sehend so.

Ich habe mit Sicherheit in den letzten 6 Jahren häufig Rays Sturkopf verflucht und wer uns kennt, weiss, wie oft ich "Beagle" am Neckar geschrien habe, weil der Herr mal wieder alleine unterwegs war. Aber das alles ist mit seiner Rasse begründet und nicht durch seine Blindheit. Ray ist und bleibt hoffentlich noch etwas der alte Herr, der einen um den Finger wickelt.

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